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Kolpingsfamilie Oesede auf
Frau Abofa
1. Kolping-Patenschaft: FRAU ABOFA
Situation 2002
Im Oktober 2002 traf Frau Regenbrecht zwei Mädchen auf der Straße nach Lomé,
sie trugen Bündel von Palm-Besen auf dem Kopf, die sie auf dem Markt verkaufen wollten. Aus finanziellen Gründen konnten sie nie eine Schule besuchen. Sie haben noch mehrere Geschwister, davon leben vier bei der Großmutter, die Mutter ist krank und der Vater kümmert sich nicht um die Kinder.
Abofa hat noch zwei ältere Kinder. Der Sohn, der auch keine Schule besucht hat, aber Maurer geworden ist, wohnt bei seinem Vater. Die Tochter ist mit einem Fetischisten in Tsevie verheiratet.
Situation 2003, Krankheit von Frau Abofa
Im November 2002 besucht Frau Regenbrecht Frau Abofa, die zu der Zeit bei einer Fetischeuse in Tsevie, etwa 25 km nördlich von Lomé, wohnt. (siehe auch Bericht über den Besuch)
Nach einigen Schwierigkeiten konnte Frau Regenbrecht sie ins Krankenhaus bringen. Neben den Geschwulsten an den Eierstöcken wurde auch Tuberkulose im Bauchraum festgestellt. Über mehrere Monate muss sie viele Medikamente nehmen.
Zu ihrer Mutter und den kleineren Kindern kann sie nach dem Krankenhausaufenthalt nicht zurück, da ihr geschiedener Mann, ebenfalls Fetischist, in der Nähe wohnt und gedroht hat sie umzubringen.
Abofa ging zur Familie ihres Bruders, der ein Zimmer besaß. Dort lebte sie bis Ende November 2003 Tag und Nacht auf einer Matte unter einem Baum auf dem Hof.
Die Besitzerin hat dann den Bruder samt Familie rausgeworfen und Abofa musste ebenfalls gehen.
Vorrangiges Ziel ist, ein Zimmer für Abofa zu finden. Ein Raum mit Fenster kostet 5000 F = 7,50 Euro pro Monat, mit Glühbirne 6.000 F.
Die mittlerweile 17-jährige Bébé kann Dank einer Patenmutter in ein "Internat" zu Schwestern gehen, wo sie in 3 Jahren zur Schneiderin ausgebildet wird. Danach könnte sie mit ihrer Mutter zusammen leben und für beide etwas verdienen. Parallel lernt sie lesen und schreiben.
Bericht von Dorothea Regenbrecht über den 1. Besuch bei Abofa am 16. November 2002
"Meiner Meinung nach hat die Frau eine Riesengeschwulst im Bauch, sie hat ständig Schmerzen. Ich habe die Fetischeuse gefragt, was sie zur Heilung unternimmt. Natürlich stehen die Fetische an erster Stelle, man bittet sie um Hilfe. Diese waren in einem kleinen Raum untergebracht. Als ich fragte, ob ich die Fetische sehen und auch fotografieren könne, durfte ich eintreten. Die Fetischeuse hat dann die Fetische mit Klopfen und Begrüßungen angerufen und sie fürs Fotografieren um Verzeihung/Erlaubnis gebeten. In kleinen Höhlen standen auch Schälchen, in denen wohl etwas zu essen war, sowie eine leere Gin-Flasche. Dann wurde ihnen Wasser gegeben, z.T. indem die Fetischeuse kleine Behälter anhängte, z.T. indem sie etwas Wasser aus einem Kessel in den Mund nahm und dann versprühte.
Im noch kleineren Nebenraum waren weitere Fetische zu sehen.
Nun fragte ich sie nach den ergänzenden Medikamenten. Sie zeigte mir 2 alte Säcke. Diese wurden ausgeschüttet und zum Vorschein kamen Bündel von Borkenrinde. Damit koche man den Tee: bei großen Schmerzen bekommt die Kranke 5 mal am Tag den Tee zu trinken, ansonsten 3 mal am Tag. Zu essen gibt es regelmäßig den üblichen ´Patte`, ein Brei aus Manjok und Mais.
Nun wollte ich wissen, wo die Frau schläft. Das Schlafzimmer der Fetischeuse ist im Nebenraum, darin ein Bett für beide und die Klamotten, wie üblich, über einer Leine. Falls aber die Beschwerden zu groß werden, schläft die kranke Frau direkt im Fetischraum, natürlich auf der Erde.
Natürlich war ich bei aller zur Schau getragenen Höflichkeit innerlich schockiert. Wenn eben möglich, möchte ich alles dafür tun, dass diese Frau gerettet wird.
Etwa 100 km entfernt haben italienische Brüder ein Krankenhaus und kassieren nur das notwendige Geld. Dort hat eine togolesische Katharinerin gelernt. Sie ist nun Krankenschwester und arbeitet in Biankouri. Sie kennt die Ärzte dort und kommt nach Lomé.
Ich möchte mit ihr die Mutter abholen und in dem Krankenhaus untersuchen lassen. Dann wird man feststellen, ob man ihr noch helfen kann".
2. Besuch bei der Fetischeuse am 20. November 2002
"Nun also wollte ich die Mutter nach Hause holen und am Tag darauf mit ihr zur Untersuchung ins Krankenhaus fahren. Ich hatte mir schon Gedanken gemacht, ob die Fetischeuse sie wohl einfach gehen lasse. Um sie gnädig zu stimmen, hatte ich eine Flasche 4711 eingesteckt.
Zuerst wurden wir wieder freundlich begrüßt, danach zogen wir uns an eine andere Stelle im Garten zurück, wo der Großvater (?) lange Erklärungen abgab. Die Fetischeuse erklärte dann mit ernstem Gesicht, sie sei mit dem Weggang einverstanden, aber sie arbeite mit einem Fetischeur zusammen, den man auch fragen müssen. Also wurde nach ihm geschickt und er erschien.
Auch er erklärte sich schließlich einverstanden, aber nun müsse man die Fetische befragen!
Dazu gehöre eine Zeremonie mit Anrufungen und Geschenken:
1. eine große Flasche Dry Gin. Ich gab 1.200 F und die Flasche wurde geholt.
2. ein Huhn müsste geopfert werden. Wiederum gab ich 1.200 F. Das Huhn sollte vor meinen Augen geschlachtet werden. Als ich dankend darauf verzichtete, war es auch gut. Das könnte man auch nachholen.
3. Cola-Nüsse, die für 200 F herbeigeschafft wurden. Sie sollen eine belebende Wirkung haben.
Nun ging es in den kleinen, halb-dunklen Fetischraum. Anrufungen, begleitet mit Klopfen von Stein auf Zementboden. Danach gab es Gin für die Fetische: man nahm einen Schluck, versprühte ihn manchmal gegen die Wand und goss auch ein wenig über die herumliegenden Fetische. Der Fetischeur machte dasselbe. Zum Schluss blieb aber noch sehr viel Gin in der Flasche zurück! Dann ging es an die Nüsse. Schließlich fand die Befragung statt.
Die Kranke lag die ganze Zeit vor dem ´Altar` auf den Knien und hatte in ihren ausgestreckten Händen Nüsse. Schließlich bat sie die Fetische, ihr nicht böse zu sein, wenn sie jetzt ginge!
Nun wurden kleine Kunststücke/Tricks vorgeführt, um die Fetische zu befragen. Und siehe da, sie waren einverstanden mit der Auflage wiederzukommen; für Dankzeremonien, die können durchaus auch ein Schaf erfordern!
Nach all dem durften wir losfahren!"
Fetische und Fetischeuse
Der Fetischismus ist eine Naturreligion. Fetische können alles möglich sein, so z.B. Lehmklumpen mit menschenähnlichen Köpfen und Furcht erregenden Gesichtern. Sie sollen die Kraft haben, Böses abzuhalten und Gutes (Heilung) bewirken. Ihnen werden auch Opfer gebracht indem man Hühnerblut über sie gießt.
In Lomé gibt es auch einen Fetischmarkt, der Anblick ist ziemlich grausig, viele tote, getrocknete oder gepresste Tiere, z.B. viele Frösche, Schlangen u.ä., und Knochen aller Art.
Situation 2004
Abofas Mann ist Ende Januar 2004 verstorben, so dass sie ohne Angst leben kann.
Z.Zt. arbeitet Frau Regenbrecht daran, eine Lösung bzgl. der endgültigen Unterkunft zu finden.
Bericht von Frau Dorothea Regenbrecht im Juli 2005
"In diesem Jahr waren Hubert und ich schon zweimal in Togo, um nach unseren Projekten und den Patenkindern zu sehen. Im Februar fanden wir Abofa und ihre Kinder in einem gemieteten Zimmer.
Jetzt im Juni sagte man uns, sie sei nicht mehr dort, aber nicht weit entfernt. So führte uns jemand dorthin.
Wir waren ganz überrascht. Sie bewohnt jetzt mit ihren Kindern ein recht ordentliches Haus mit einem geräumigen Hof. Wie sie dazu kam?
Ihr Mann, ein Fetischeur, von dem sie seit Jahren geschieden war, war ja gestorben, aber es existierte ein Erbe, darunter dieses Haus. Da in Togo nur Jungen erben können und dieses Haus leer stand, brachte der Vater von Abofa sie mit ihrer Familie dorthin.
Nun wollen aber die großen Halbbrüder das Haus selber haben und verkaufen. (Wenn ich mich recht erinnere für 3000,00 Euro).
So lebt sie zur Zeit in der Unsicherheit, ob sie dort bleiben kann.
Wir haben nun einen togoischen Angestellten der Caritas gebeten, sich nach der rechtlichen Situation zu erkundigen. Bislang wissen wir nocht nicht, was das gegeben hat.
Ebenfalls froh überrascht waren wir zu sehen, wie Abofa für ihre Familie das Essen vorbereitete. Sie war gerade dabei, Njam-Wurzeln zu reiben.
Auch war gerade ihre Tochter Sabine bei ihr, die ein Mädchen geboren hatte. Sabine hatte nie die Chance für einen Schulbesuch und so hatten wir sie zu Schwestern in Kara, im Norden Togos gebracht, wo sie Dank einer Patenmutter wenigstens eine Ausbildung zur Schneiderin machen konnte.
Sie ist damit noch nicht fertig, aber sie kann schon recht gut zuschneiden und auch nähen. Sie soll ihre Ausbildung aber fortsetzen.
Während ihres Aufenthaltes in Lomé ist sie wohl einem Mann in die Hände geraten, der sie geschwängert hat.